Bro(o)ke(n) after all - Chapter 1 - Welcome to Melvinsburg
Es war Februar, eine kühle Jahreszeit, doch dennoch spürte man wie das
Leben langsam wieder erwachte und der Frühling schon in den Startlöchern stand.
Das It-Girl Brooke Parker wohnte immer noch in der Skandalstadt Melvinsburg.
Schon vor einiger Zeit hatte ihre Schwester Madison sie aus ihrer Villa
rausgeworfen und den Kontakt zu ihrer Schwester abgebrochen. Brooke war
allerdings sehr wohl im Stande, sich selbst ein äußerst anschauliches Apartment
in der Innenstadt zu leisten. Sie war nun eine Berühmtheit. Sie wurde dafür
bezahlt auf Partys zu erscheinen, bei Modenschauen in der Front Row zu sitzen
und Interviews zu geben. Ab und zu waren sie und ihre Freundin Francesca sogar
als DJanes in den edelsten Clubs tätig. Endlich hatte sie den Lifestyle den sie
sich schon immer gewünscht hatte. Und noch nie war sie unglücklicher mit ihrem
Leben wie zu diesem Zeitpunkt.
Es war ein Montagmorgen irgendwann im Februar, an welchem Brooke in ihrem
Seidenpyjama ins Bad schlenderte um sich fertig zu machen. Heute wollte sie
seit langem mal wieder shoppen gehen. Seitdem Melvinsburg den Ruf
‚Skandalstadt’ inne hatte, hatten hier unzählige Geschäfte geöffnet wie unter
anderem Chanel, Dior, Burberry, Hérmes und Co. Die Einwohnerzahlen dieser Stadt
stiegen unglaublich an, weil jeder diesen Lifestyle leben und erfahren wollte, wo all diese Vorfälle geschehen
sind.
Nach der täglichen Dusche schminkte sie sich oberflächlich mit ihrer ‚Bobbi
Brown’ Nude-Palette und einem pinken Lippenstift von ‚Mac – by Nicki Minaj’.
Ihre aschblonden Haare hatten von Natur aus leichte Locken in sich, welche sie
bis zur Brust trug. Auf dem Weg in ihren begehbaren Kleiderschrank dachte
Brooke zurück an die Zeit, in welcher sie noch einen verspielten und romantischen
Kleidungsstil hatte, aber dennoch nie aussah wie die anderen. Das war ihr immer
besonders wichtig: Individualität. Bei der Outfitauswahl ging es relativ
schnell. Sie schlüpfte in eine Jeans von dem europäischen Label Rich &
Royal, welche sie bei ihrem Kurztrip in München gekauft hatte. Eine nachtblaue
Bluse mit senffarbenen Ärmeln von Dries van Noten zierte ihren Oberkörper. Die
Bluse hatte sie einst von ihrer Schwester Madison geschenkt bekommen. Sie
öffnete eine der etlichen Schubladen in der Kommode neben dem Kleiderschrank
und ihr kompletter Modeschmuck versammelte sich darin. Sie kramte sich eine
prunkvolle, silberne Statement-Kette von Zara heraus. Eigentlich war ihr heute
wirklich egal wie sie aussah. Sie mochte es nicht im Geringsten, immer total perfekt
abgestimmt auf jedes Teil, das sie trug, herum zu laufen. Über die eigentlich
eher elegante Bluse und Kette, zog die 19-jährige eine lässige Jacke mit College-Aufdruck
von Pull & Bear in einem dunklen Grauton. Als sie sich ihre Tasche
aussuchen wollte, fiel ihr Blick auf ein altes Erinnerungsstück. Ihre allererste
Louis Vuitton Handtasche, die sie je besessen hatte (und auf die noch einige
anderen folgen sollten). Und obwohl die
braune Ledertasche mit dem gewohnten ‚LV’ Print schon sehr abgelebt aussah und
sogar einen riesigen violetten Fleck an einer Stelle hatte, weil Brooke dort einmal Tinte ihres Federhalters ausgelaufen
war, als sie mit Fran und ein paar Jungs am Charles River gesessen und nebenbei Hausaufgaben gemacht hatte, nahm sie sie sorgsam herunter. Als sie sich zurückerinnerte
musste sie grinsen. Sofort schnappte sie
sich ihr iPhone 5 und schrieb ihrer Freundin Francesca eine SMS: „Habe gerade meine alte Louis wieder in der
Hand gehabt, musste total an meinen ersten Joint denken, erinnerst du dich?
Unten am Charles River damals?“ Natürlich würde sich Fran daran erinnern,
immerhin hatte sie das Zeug immer besorgt. Nachdem sie die alte Handtasche
wieder zurückgestellt hatte, fiel ihr Blick auf eines ihrer neuesten Stücke. Es
war eine Ledertasche von Givenchy mit einem Rottweiler-Aufdruck in
Shopper-Größe, vollkommen in Schwarz. Sie hatte sie von dem französischen
Designer-Label höchstpersönlich geschickt bekommen um sie zu „testen“.
Natürlich war Brooke bewusst, dass die Firma damit nur Schleichwerbung erzielen
wollte, denn egal was die junge Blondine auf der Straße trug, am nächsten Tag wollte es jeder haben! „Geben wir dir mal eine Chance.“ Sagte
sie zu sich selbst und räumte ihre Tasche um. Um ihre unmanikürten Finger nicht
ganz außer Acht zu lassen, öffnete sie eine weitere Schublade der Schmuck-Kommode
und holte einen dicken Steinring von Maison Martin Margiela heraus, welchen sie
an ihren rechten Ringfinger steckte. Sie schlenderte von ihrem begehbaren Kleiderschrank
in einen anderen Raum, der etwas kleiner war als der vorherige, aber trotzdem
noch riesig dafür, dass es nur ein Schuhschrank war. Sie öffnete eine der
Schiebetüren und schnappte sich noch etwas müde ihre Balenciaga Buckle Strap
Boots heraus, welche sie damals nur haben wollte, weil Mary-Kate & Ashley
Olsen die selben getragen hatten. Mittlerweile hatte sie mehr als Gefallen an
ihnen gefunden. Nun war sie eigentlich fertig und bereit für einen Shopping-Trip.
Mit einem kurzen Blick aus ihrem Schlafzimmerfenster ihrer Tarnwohnung erkannte
sie, dass die bestellte Limousine schon vor der Türe stand. Bevor sie das Haus
verließ, um in das Auto zu steigen, zog sie sich noch das Accessoire an, was an
einer echten Berühmtheit nicht fehlen durfte: die Sonnenbrille, komplett
schwarz und abgedunkelt. Sie schloss ihre Haustüre hinter sich zu, steckte den
Schlüssel in die Innenseite ihrer Tasche und stieg die Stufen ihrer Veranda
herunter. Kaum hatte sie den Wagen erreicht, bemerkte sie die ersten Fotografen
und Paparazzi hinter einer der Hecken des Nachbarhauses. Gekonnt professionell
ignorierte Brooke die legalen Stalker und stieg in ihre Limo.
Ihr Blick schweifte durch die Straßen der Stadt. Als die Limo das Zentrum
erreichte, waren neugierige Blicke nicht ungewohnt. Passanten blieben stehen
und versuchten durch die abgedunkelten Scheiben des Mercedes hindurchzusehen,
um zu erkennen, wer darin saß. Nach einer Autofahrt von ca. 15 Minuten
erreichten sie die wohl exklusivste Einkaufsstraße im Umkreis. Die Columbus
Avenue war die Heimat zahlreicher Luxus-Boutiquen. Als der Wagen langsam zum
Stehen kam, erhaschte Brooke noch einen Blick auf drei junge, breit gebaute
Bodyguards, die vor den Türen des Louis Vuitton-Stores schon auf sie warteten.
Fans und neugierige Passanten hatten sich schon rund um die Limousine postiert.
„Na dann mal los“, murmelte Brooke und
stürzte sich hinaus in das Getümmel. Sofort wurde sie von den drei starken
Männern umringt, die sie sicher in den Laden brachten. Nach dem Eintreten des
Shops wurde die Tür hinter Brooke auch schon fest verriegelt. Heute hatte sie
den ganzen Store nur für sich alleine. Langsam schlenderte sie durch den Laden
und begutachtete einige der schönsten Lederwaren mit kritischem Auge. Sie gab
keinen Ton von sich. Sie hatte die Mitarbeiter noch nicht einmal begrüßt. Der
unglaubliche Rummel um ihre Person schockte sie immer noch zu sehr. Sie würde
sich wohl nie daran gewöhnen.
Plötzlich blieb Brooke stehen. Sie sah ein ganz besonderes Stück, welches
sie an jemand ganz besonderen denken ließ: es
war ein riesiger Louis Vuitton Tragekoffer, der sie an ihre Mutter erinnerte.
Sie hatte einen ähnlichen, benutzte ihn aber nie. Außerdem kamen
noch ganz andere Gedanken hoch, die sie zwangsweise mit diesem Koffer verband -
ihre erste Zugfahrt nach Melvinsburg:
Vor fast 1 ½ Jahren stand die junge Brooke alleine, völlig unterernährt und
mit aufgequollenen, verweinten Augen am Bahnsteig 8 am Hauptbahnhof, der Grand Central Station, in New York. Mit einer
geklauten Kreditkarte in der Tasche und einem geklauten Koffer in der Hand
hatte sie tatsächlich den festen Willen, ihre Eltern nie wieder sehen zu
wollen. Ohne sich auch noch einmal umzudrehen, stieg sie in den Zug ein, setzte
sich auf irgendeinen Platz und stöpselte ihren iPod ein. Um völlig
abschalten zu können, hörte sie das Lied „First Train Home“ von „Imogen Heap“.
Sie hatte keine Ahnung, wie lange der Zug gefahren war bis er das erste Mal
anhielt. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Und auf einmal war er da,
nahm gegenüber von ihr Platz und sah ihr unentwegt in ihre Augen. Seine
schmalen Lippen wurden immer wieder von einem Hauch eines Lächelns umspielt.
Wer war dieser Fremde? Brooke war mit der Situation völlig überfordert und
wusste nicht ob sie ihn ansehen sollte oder nicht. War der Zeitpunkt gekommen
um die Ohrstöpsel herauszunehmen?
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