Es verging eine viertel Stunde völliger Einsamkeit bis die
Schulglocke ertönte und alle Schüler und Schülerinnen in die gemeinsame
Sporthalle der Schulen stürmten um die jährliche Willkommensrede der
Lehrerschaft anzuhören. Das Gedränge um einen guten Platz war groß, obwohl
Brooke den Grund dafür nicht wirklich verstand. Die Halle war riesengroß und
mit hunderten von Stühlen versehen. Auf einer Art Bühne stand die komplette Lehrerschaft
beider Schulen und im Vordergrund die Rektoren. Zuerst wandte sich Mr. Peter
Finelli, Schulleiter der Kennedy High School dem Rednerpult zu und sprach:
„Herzlich Willkommen im neuen Schuljahr!“ Doch gerade als er ansetzen wollte,
einen weiteren Satz zu beginnen öffneten sich die Flügeltüren der Sporthalle
und ungefähr ein Dutzend Männer in Uniform traten im schnellen Schritt ein,
durchrauschten den Saal und gingen direkt auf die Lehrer zu. Die Polizisten
schienen dem Lehrerpersonal eine schreckliche Nachricht verkündet zu haben, da
die Reaktionen mehr als geschockt waren. Kurz war alles still im Saal. Brooke
hatte das Gefühl, dass man das Fallen einer Stecknadel laut durch den ganzen Raum gehört hätte. Angestrengt saßen ihre Mitschüler auf
ihren Stühlen und versuchten die leisen Worte aus der Ferne zu verstehen. Eine
Lehrerin brach in Tränen aus, während der Rest entweder mit den Händen vor dem
Gesicht zusammen geschlagen auf ihre Stühle sackten oder mit entsetzter Miene
gegenseitige Blicke austauschten. Nun wandte sich der Polizeidirektor ganz
persönlich an die Schüler. Er trat an das Rednerpult und verkündete die
unheilvolle Botschaft: „Guten Morgen liebe Schülerinnen und Schüler. Unser
Besuch hier an ihren Schulen hat keinen harmlosen Hintergrund. Wir möchten
ihnen nichts verheimlichen und sind der Meinung, dass sie alt genug sind um die
Wahrheit zu verkraften. Samstag Abend wurde eine Mitschülerin von ihnen in der
Nähe des Schulgeländes tot aufgefunden!“ Der Polizeidirektor hielt kurz inne.
Viele Mädchen sahen sich nach ihren besten Freundinnen um, um sich zu
versichern dass nicht sie es sind die gestorben sind.
„Marissa Lanchester, ist das besagte Mädchen. Aufgrund der
noch ungeklärten Todesursache werden wir vielen von euch Schülern ein paar
Fragen stellen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt jedoch, sind wir uns sicher das es
kein Unfall war, sondern Mord!“
Einige Sekunden herrschte eine Totenstille im Raum, gefolgt
von einem hysterischen Anflug von Panik. Wutausbrüche, Tränenausbrüche, wilde
Spekulationen und mittendrin Brooke, die nicht wusste wie sie reagieren sollte.
Sie kam sich vor wie in einem falschen Film. Sie kannte das ermordete Mädchen nicht, Sie kannte ihren
Freundeskreis nicht aber sie wollte es sich nicht eingestehen, dass es ihr
gleichgültig war. „Ein Mord ist niemals gleichgültig“ schwirrte es durch ihren
Kopf. Doch ein Gedanke wurde sie nicht los. Sie konnte keinem trauen, da der
Mörder noch nicht gefasst war und sie ihr Umfeld noch nicht einschätzen konnte.
„Der Unterricht fällt bis auf weiteres aus, dennoch bitte ich morgen um die
selbe Uhrzeit alle Schüler wieder hier anzutreffen. Erst dann werden sie anhat
einer Liste erkennen wer von ihnen Befragungsverpflichtet ist und wer nicht.
Brechen sie nicht in Panik aus, ich wünsche noch einen angenehmen Tag.“ So
schnell wie die Beamten herein gestürmt waren, waren sie auch wieder
verschwunden. „Einen schönen Tag? Die Ficker können mich mal. Wie soll man noch
nen schönen Tag haben wenn hier ein Killer frei herum läuft.“ Sagte eine
rauchige Frauenstimme nur ein paar Plätze weiter von Brooke. Das Mädchen zu dem
die Stimme gehörte war ungefähr in ihrem Alter. Anhand des Ordners auf ihrem
Schoß, erkannte sie darauf in Krackelschrift geschrieben den Namen des
Mädchens: Francesca Brown. Doch der Vorname war durchgestrichen und statt
dessen mit einem Edding darüber geschrieben stand: Fran. Das Mädchen sah nicht
gerade sehr freundlich aus. Sie war eher eine von diesen, die sich auch gerne
mal prügelten. Doch ihre Aufmerksamkeit galt einer anderen Person, die
geradewegs zum Rednerpult tänzelte und gekünstelt zu weinen schien und sich mit
einem Seidentaschentuch die Tränen weg wischte. „Liebe Mitschüler, als Tochter
des Bürgermeisters möchte ich auch hier noch einmal offiziell mein Beileid
ausdrücken. Welch schmerz mich durchfahren hat als ich die grauenhafte
Neuigkeit erfuhr. Und ich glaube es geht euch nicht anders. So bitte ich euch,
gedeken wir die nächste Minute in voller Stille unserer Freundin Marissa, die
nicht verdient hat zu sterben. Das ist für dich Marissa!“ Giulia schloss die
Augen und faltete ihre Hände ineinander. Giulias Gefolgsleute taten es ihr
gleich und schlossen ebenfalls die Augen. Einige andere sagten einfach nichts
oder verschränkten genervt die Arme, doch Francesca schob mit einem lauten
knarren ihren alten Holzstuhl zurück, stand auf und rief Giulia entgegen: „Als
ob es dir leit tuen würde, Pussy Franklin“ Mit diesen Worten warf sich die
dürre Schülerin ihre abgelebte Ledertasche über die Schulter und verschwand aus
der Sporthalle. Langsam löste sich auch die Menge der restlichen Schüler in der
Sporthalle auf, die geradewegs hinaus in den Pausenhof liefen um das gesagte zu
verdauen und ausführlich zu diskutieren. So gut wie jeder holte als erstes sein
Smartphone heraus und verbreitete die Nachricht in der ganzen Stadt und
wahrscheinlich sogar darüber hinaus.
Auch Brooke bewegte sich mit langsamen Schritten nach
draußen. Fast niemand war mehr in der Halle, selbst das verwirrte
Lehrerpersonal hatte sich schon verzogen.
Beiläufig bemerkte sie wie Giulia sich über Fran’s Kommentar aufregte.
Eine ihrer Freundinnen versuchte sie zu beruhigen worauf sie fast schon
allergisch reagierte: „ES IST MIR NICHT EGAL ERIN, ich lasse mich von diesem
Miststück nicht so behandeln!“ Giulias Freundin namens Erin entgegnete ihr
etwas ängstlich: „Du solltest besser aufpassen wie du sie nennst, immerhin hat
sie mitbekommen dass du dort warst, wer weiß wem sie es erzählt!“ Giulia lief
Puterrot an und zerrte ihre Freundin am Arm nach draußen. „Pass verdammt noch
mal auf, was du in der Öffentlichkeit von dir gibst Erin!“
Beim hinaus gehen bemerkte Brooke, dass sie ihr Notizheft,
welches sie zwischenzeitig heraus geholt hatte, wohl im Saal vergessen haben musste. Sie eilte zurück und
sah dabei auf ihr Handy da sie auf eine SMS von Madison wartete. Plötzlich
knallte sie mit ihrem Kopf gegen den einer anderen Person, die scheinbar auch
nicht aufgesehen hatte. Der
Schmerz war kurz und pochend, klang aber nach wenigen Sekunden wieder ab.
Brooke erkannte nun das erste mal das Mädchen, mit welchem sie zusammen
gestoßen war. Sie hatte dunkelbraunes Haar, braune Augen und eine Hornbrille
auf der Nase. Ihre Statur war weiblich, nicht zu viel und nicht zu wenig. Sie
war nicht besonders groß und trug keine Auffälligen Klamotten. Ihr Outfit bestand aus einer Jeans,
einem langärmligen Oberteil, einem Sommerschal und ihrer Longchamp-Handtasche.
Eingeschüchtert sah das Mädchen abwechselnd in Brookes Augen und dann wieder
auf den Boden. „Das war wirklich keine Absicht ich hab einfach nur..-„ „Ist
schon okay, normalerweise würde ich austicken und dir raten das nächste mal
besser aufzupassen aber dieses mal hast du Glück gehabt.“ Brooke schenkte dem
Mädchen ein Lächeln und streckte ihr die Hand entgegen: „Hi ich bin
Brooke, die Neue.“ Das
unscheinbare Mädchen nahm etwas zögernd die Hand entgegen und schüttelte sie.
„Hi, Ich bin Bethany. Freut mich dich kennen zu lernen.“ Bethany schenkte
Brooke noch ein freundliches Nicken ehe sie auch aus der Halle verschwinden
wollte. Brooke hingegen bemerkte einen Flyer der nur wenige Meter von ihr
entfernt auf dem Boden lag und
schon einige Fußabdrücke auf sich hatte, auf welchem stand: „DIE ALLJÄHRLICHE
FIRST SCHOOL DAY PARTY STEHT AN! DIREKT IN F.S. HOOD, WER NICHT KOMMT IST NE
PUSSY.“ Brooke hob den Flyer auf und überlegte einen Augenblick, dann drehte
sie sich um und rief Bethany, die schon am Ausgang angekommen war zu: „Hey
Bethany, hast du heute Abend schon was vor?“
„Wir gehen also auf diese Party habe ich dich richtig
verstanden Brooke?“ „Vollkommen richtig.“ Entgegnete Brooke Parker ihrer
neugewonnen Verbündeten. Bethany schien sich bei diesem Gedanken gar nicht wohl
zu fühlen. „Brooke, ich gehe normalerweise nicht auf solche Party’s weißt du.“
Brooke legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter und nickte ihr zu „Keine
Sorge, du gehst mit mir dort hin. Das wird mehr als gut glaub mir.“ Möglicherweise wird die gesamte
Schülerschaft auf der Party anwesend sein um den Schock von Marissa’s Tod in
Alkohol zu ertränken. „Wir treffen uns um 7 bei mir okay? Dann machen wir uns
gemeinsam fertig.“ Sie grinste Beth schon vorfreudig an, und sendete ihr per
SMS die Adresse von Madisons Haus. „Ich freu mich schon Beth.“ Etwas
selbstbewusster als am Morgen stolzierte Brooke in Richtung Taxi-Stand, der
sich ganz in der Nähe des Schulzentrums befand. Nun war sie um eine Kammerzofe
reicher und hatte das Gefühl Giulia irgendwann das Wasser reichen zu können.
Als Brooke nach Hause kam, war niemand da. Wahrscheinlich hatte sich Madison mit
Freunden zum Nachmittags-Tee verabredet. War ihr ganz recht, dass sie nicht
hier war. So konnten sich Beth und Brooke später auch ganz ungestört für die
Party fertig machen. Die restliche Zeit bis Bethany vorbei kam vertrödelte sich
Brooke mit Fernsehen. „Teen-Mom“ war zwar keine sehr sinnvolle
Freizeitbeschäftigung aber wenigstens wird ihr bei solchen Reality-Shows immer
so übel dass sie nichtmal an Essen denken kann ohne zu würgen. Um halb 7
entschied sich Brooke noch mal dazu schnell unter die Dusche zu springen. Da
Brooke’s anfänglicher Fehlstart was die Outfitwahl am ersten Schultag anging
jedem im Gedächtnis geblieben schien, musste sie heute Abend einen besonderen
Trumpf ausspielen. Außerdem hatte sie die perfekten Kenntnisse was Mode anging.
Zumindest dachte sie das.
Punkt 7 Uhr klingelte es an der Haustür. Bethany stand vor
ihrer Türe, scheinbar dachte sie, sie würden sofort zur Party aufbrechen, denn
sie hatte sich mehr oder weniger aufgebrezelt. „Schätzchen, hatte ich nicht
gesagt wir machen uns zusammen fertig?“ Beth sah sie nur etwas perplex an und
suchte danach den Fehler an ihrem Outfit, das Problem war, das ganze Outfit war
ein Fehler und das konnte sogar ein Blinder aus Brookes Blicken lesen. Beth’s
Look war einfach absolut merkwürdig. Sie trug ein Cocktailkleid aus einem
Grauen aus Satin und Tüll in grässlichen violetten Farbtönen, dazu eine mit
über und über falschen Pailletten besetzte Clutch, womöglich aus einem
Discounter. Ihre Schuhe hatten gerade einmal 6 cm Absatz und sahen aus wie die
einer Zweitklässlerin. Ihr schulterlanges dunkelbraunes Haar hatte sie
vergeblich zu einer Hochsteckfrisur toupieren wollen. Ganz zu Schweigen von
ihrem Make Up, welches man sogar im dunklen erkannte, ließ sie eher wie ein
Clown wirken. Brooke zerrte Bethany an ihrem Arm herein und schloss die Tür
eilig hinter sich. „Hoffentlich hat dich keiner so gesehen!“ Brooke musterte
Beth’s Outfit noch einmal im beleuchteten Flur und der Ekel war ihr wirklich
ins Gesicht geschrieben. Sie
zögerte nicht und schleifte sie ohne eine Sekunde zu warten die Treppe hinauf
in ihr Badezimmer. „Auaa.. Brooke du tust mir weh. Wieso gehen wir denn nicht
zur Party?“ Unsanft bürstete Brooke Bethany diese schreckliche Frisur aus den
Haaren und antwortete schnippisch: „Wie weltfremd bist du eigentlich, kein
Mensch geht vor 10 Uhr auf eine Party!“ Beth’s Augen weiteten sich, doch man
wusste nicht genau ob es an dem Schmerz lag, den Brooke ihr bescherte oder an
der Tatsache, dass sie um diese Uhrzeit schon längst wieder Zuhause sein
wollte.
Nachdem Brooke Bethany unsaft abgeschminkt hatte und sich
ihre Haare auch wieder einigermaßen in ihre natürliche Form zurück gelegt
hatten, fing Brooke damit an aus ihrem Kleiderschrank ein passendes Outfit für
Bethany zusammen zu stellen, denn mit ihren eigenen könnte sie höchstens auf
einer Halloween-Party erscheinen. Doch bevor sie dies tat, sah sie nach ob
Madison schon Zuhause war. Und welch ein Glück sie war es nicht! So konnten
sich die Mädchen auch das ein oder andere Teil aus dem Schrank von Madison
aussuchen, welcher der Traum aller Mädchen war. Auf leisen Sohlen schlich sich
Brooke in den riesigen Begehbaren Kleiderschrank ihrer Schwester und hängte
sich einige der teuren Desinger Klamotten über den Arm. Schließlich stand sie staunend
vor dem Regal, in welchem ihre exklusiven Taschen drapiert waren. Und genau vor
ihr ragte sie in voller Pracht: Die wohl wertvollste Tasche im gesamten
Schrank. Eine hellblaue Hérmes Birkin Bag aus Krokoleder. Madison besaß
insgesamt drei Birkin Bags aber diese war mit Abstand die hochwertigste und
größte. Voll bepackt stapfte Brooke zurück in ihr Zimmer und warf erschöpft
alle Klamotten auf ihrem Bett ab. Bethany kam eingehüllt in einen Bademantel
aus dem anliegenden Badezimmer und quengelte: „Brooke, was soll ich denn jetzt
anziehen? Warum kann ich denn nicht einfach meine eigenen Sachen anziehen?“
Während Brooke konzentriert versuchte Beth das perfekte Outfit zusammen zu
stellen sah sie diese nur mit einem genervten Blick an und entgegnete ihr: „Willst
du meine ehrliche Meinung? Die Sachen mit denen du gekommen bist sind der
absolute Horror. Die würden dich alle bis an dein Lebensende auslachen und
damit aufziehen. Das möchte ich dir ersparen!“ Sie reichte ihr eine
wunderschöne Seidenbluse aus transparentem Stoff ohne Ärmel von Isabel Marant.
Bethany nahm diese mit einem durch und durch entsetzen Blick entgegen. „Ist das
dein ernst? Was bitte soll ich denn darunter anziehen?“ „Einen BH, was sonst?“
sagte die Blondine trocken als Antwort auf diese total überflüssige Frage. Sie
wollte Bethany heute in die Ränge der hohen Gesellschaft einführen. Sie hatte
die Mittel dazu, doch leider noch nicht die richtigen Kontakte also spielte der
Sex-Appeal eine große Rolle.
Inzwischen hatte Beth gemerkt dass jeder Widerstand zwecklos war und
sich den Anweisungen von Brooke gebeugt. „Hier probier das mal dazu an.“ Sie
warf ihr einen Lederrock in Bleistiftschnitt entgegen, welcher ihr dazu auch
nicht sehr lang erschien. „Brooke! Ich möchte da nicht wie eine Prostituierte
aufkreuzen!“ Brooke sah sie gespielt geschockt an. „Prostituierte? Neeeein,
eher wie ein Edel-Escortgirl dass sich ihre Kunden selbst aussuchen darf!“ Sie
reichte ihr ein paar Louboutins in schwarz mit einem XL-Plateau, die nicht
hätten höher sein können. Um das Outfit etwas aufzuwerten kramte sie aus ihrer
persönlichen Schmucksammlung eine Statement-Kette von Lavin heraus, die sie vor
einem Jahr ihrer Mutter geklaut hatte.
„Das sieht Bombe aus Gurl!“ sagte Brooke begeistert als Bethany eher
gezwungen als aus eigenem Willen das Outfit angezogen hatte. „Ich fühle mich
nicht so wohl darin, außerdem habe ich das Gefühl dass ich viel zu fett für das
Oberteil bin!“ Brooke sah sie wütend an. Bei dem Thema Figur verstand sie
keinen Spaß. „Hör mal zu, du hast eine tolle Figur. Nicht zu viel und nicht zu
wenig. Ich hätte gerne deine Figur hörst du! Außerdem hast du die Mörder-Möpse
des Jahrhunderts! Die Kerle werden so auf dich abfahren!“ Sie zwinkerte ihr zu
und bevor sie sich daran machte, Beth zu schminken suchte sie sich ein eigenes
Outfit aus und übergab Bethany noch eine Tasche aus ihrem eigenen Schrank.
„Hier, die ist von Valentino aus der aktuellen Kollektion, pass bitte auf dass
du keinen Champagner darüber ausschüttest!“ Das Valentino Täschchen war klein und aus Lackleder
mit Nieten. Während Beth ihre Tasche umräumte steckte Brooke ihren Ipod in ihre
IHome-Station und machte laut Musik an. Das Lied welches als erstes angestimmt
wurde war „The Fame“ von Lady Gaga, bei welchem Brooke schon mitsingen konnte.
„cause we wanne live the life of the rich and famous, lala“ gedämpft hörte man
ihren Gesang aus dem Kleiderberg hervor dringen in welchem sie gerade
verschwunden war um sich ein passendes Oberteil für ihre Vintage Hotpants
auszusuchen. Brooke hatte ihre Auswahl getroffen und trug ein kurzärmliges
Sweatshirtoberteil von Philipp Lim, eine Vintage Hotpants, eine opulente
Statement-Kette, schwarze Kitten-Heels und transparent-grau gepunkteten
Kniestrümpfen. Die Krönung des Outfits war die entwendete Birkin-Bag ihrer
Schwester, welche sie oberflächlich umgeräumt hatte. Kurz warf Brooke einen Blick auf ihr Handy um sich zu versichern, dass sie noch genug Zeit
hatten. Zum Glück, es war erst kurz nach acht. Es blieb also noch genug Zeit
zum Schminken und fürs Vorglühen.
Zum Glück hatte Brooke eine verstecktes Talent in Sachen Styling. Sie zauberte Beth in kürzester Zeit ein
neutrales Augen-Make Up mit passenden, matt-roten Lippen und einer sexy Firsur
mit leichten Wellen die sie ihr mit einem Glätteisen legte. Anschließend schminkte sie sich selbst
sehr dezent. Der einzige kleine Hingucker waren ihre alt-rosafarbenen
Lippen. Da ihre Haare in letzter
Zeit wirklich lang geworden waren, trug sie diese offen aber bearbeitete sie
vorher ebenfalls mit einem Glätteisen um ihre krausen Locken etwas zu bändigen. Perfekt gestylt waren die Mädchen jetzt
eigentlich Aufbruchbereit, doch ohne den ein oder anderen richtigen Drink davor, geht man doch
nicht auf eine Party. Zusammen stiegen sie auf ihren hohen Schuhen etwas
unbeholfen die Marmortreppe hinunter in das riesige Wohnzimmer. Es war sehr geräumig und
minimalistisch eingerichtet. Sie nahmen Platz auf der weißen Ledercoutch und
schalteten sich nebenbei MTV ein.
Kurz verschwand Brooke in der nahegelegenen Küche und erschien wenige
Minuten später wieder mit zwei Glasflaschen in der Hand. In der einen Hand eine
Flasche Moet-Champagner und in der anderen eine große Flasche Absolut-Wodka.
„Der Champagner ist für jetzt und der Absolut ist für später okay?“ Bethany gab
keine wirkliche Reaktion von sich, da sie wohl noch nicht so viel Erfahrung mit
Alkohol gemacht hatte. Mit einem ploppendem Geräusch öffnete Brooke gekonnt die
Champagner-Flasche und schenkte Beth prompt ein Gläschen ein. Randvoll versteht
sich. Sich selbst goss sie anschließend die selbe Menge in ein Glas. „Anstoßen
muss sein, Cheers!“ In einem Zug leerte Beth unerwarteter Weise das Sektglas
und verlangte sofort nach Nachschub. „Wow. Ich kam noch nicht einmal dazu daran
zu Nippen! Respekt Beth.“ Ohne Wiederrede schenkte Brooke ihr nach. Nach einer
halben Stunde war die Flasche leer. Bethany trank ganze 3 Gläser leer, während
Brooke noch mit ihrem ersten zu Schaffen hatte. „Breeechen wir auf Brookie?“
fragte Bethany schon dezent angeheitert und hackte sich bei Brooke ein. „Ja wir
brechen auf.“ Zum Glück hatte schon vor einer viertel Stunde den Taxi-Service
angerufen, damit sie nicht zu Lange auf das Taxi warten mussten. Als sie gerade
zur Tür hinaus wollten blieb Bethany erschrocken stehen und hielt beide Hände
in die Luft. „Halt ! Stop! Ich habe überhaupt keine Jacke dabei Brookie?“
Brooke verrollte die Augen und zerrte sie nach draußen. „Du brauchst keine
Jacke, wenn dir kalt ist reißt du einfach irgend einen Typen auf, lässt dir
seine Jacke geben und fertig. Ich nehme nie jacken mit auf Party’s. Die sind mir viel zu heilig, ehe sie
verloren gehen!“ Nichteinmal 5 Minuten mussten sie warten, bis das Taxi auch
schon um die Ecke bog und die Mädchen aufsammelte. „Einmal nach Scott’s Hill in
die Rosewood Avenue bitte!“ Scott’s Hill war ein Stadtteil von Melvinsburg in
welchem nur die Reichen und Schönen sesshaft waren. Die Hausfrauen gingen dort
morgens mit ihren Louis Vuitton Neverfull-Bags Lebensmittel einkaufen und die
Hunde werden dort nur von Personal ausgeführt. Dort herrschten fast schon die selben
Sitten wie auf der Upper East Side in Manhattan.
Das Haus von Madison grenzte zwar an Scott’s Hill an,
gehörte aber eigentlich noch zur Innenstadt. Die Fahrt dauerte nicht länger als 5 Minuten und man konnte
von weitem schon erkennen, das es eine sehr große Party und ein noch größeres
Haus war in welchem die Veranstaltung statt fand. Okay eigentlich sprach man
hier nichtmehr von einem Haus, es war eine riesengroße Villa. Brooke musste
zugeben, dass sie so etwas nicht erwartet hatte. „Wie heißt der Typ noch mal
der der Party schmeißt Beth?“ „Keine Ahnung, Francis oder so.“ Bethany war
gerade noch damit beschäftigt ihren roten Lippenstift nachzutragen.
Es war also soweit. Der Moment war gekommen um ihre
Mitschüler ins Staunen zu bringen. Dies war Bethany’s Abend und sie sollte ihn
genießen. Dennoch sollte sie nie vergessen wer ihr half die Aufmerksamkeit zu
bekommen die sie verdiente. Brooke wollte damit erzielen, dass die sonst so
schüchterne Bethany ewig in ihrer Schuld steht.
Elegant stieg Brooke aus dem Taxi aus, striff kurz mit ihren
Händen ihr Oberteil glatt und warf die Haare über die Schulter. Ein
Augenaufschlag genügte schon um die Aufmerksamkeit der rauchenden Jungs am
Eingang des Hauses für sich zu gewinnen.
Doch die Augen
der männlichen Partygäste fielen größtenteils sofort auf Bethany. Und so sollte
es auch sein. Als Brooke sie so neben sich posieren sah, fiel ihr erst einmal
wirklich auf, wie sexy sie aussehen konnte. Ohne ihre langweiligen Klamotten,
ohne ihre Hornbrille auf der Nase, mit einem schönen Make-Up. Was Stil einfach
alles ausmachte. Stil ist es, was dich zu dem machen kann was du möchtest.
Als die beiden Mädchen voran schritten um die Villa zu
betreten lasteten viele Blicke auf ihnen.
Brooke erkannte in der Menge ein Stimme. Es war eine rauchige
Frauenstimme die zu dem Mädchen namens Francesca gehörte. Als Brooke zu ihr
sah, war diese gerade damit beschäftigt einer Gruppe College-Typen Gras zu
verkaufen. Scheinbar dealte sie regelmäßig, da einige bei ihr Schlange standen.
Ein Türsteher stand vor dem Haupteingang des Hauses, musterte die Lady’s kurz
und gewehrte ihnen anschließend Einlass. Die Eingangshalle der Villa war
prachtvoll dennoch erkannte man kaum Einzelheiten, da überall Leute standen und
sich unterhielten oder sich einfach nur betranken. Der Boden war aus Mamor, das
erkannte Brooke sofort. Über ihren Köpfen hing ein überdimensional großer
Kronleuchter aus Kristall. Die Luft war sehr schlecht hier drinnen und überall
roch es nach Marihuana. Leichte Rauchschwaden hingen in der Luft und Alkohol
wohin das Auge reichte. Scheinbar schien keiner mehr so sehr in Trauerstimmung
um Marissa Lanchester zu sein. Als sie in das Wohnzimmer kamen, war in der
Mitte eine große Tanzfläche aufgebaut hinter welchem auf einer Erhöhung ein DJ
Pult zu sehen war, hinter welchem ein scheinbar guter DJ auflegte, den sie
jedoch aus der Ferne nicht erkennen konnte. Doch die Musik schien gut zu sein,
da sehr viele weibliche Gäste ihr bestes auf dem Dancefloor gaben. Gerade spielte der DJ das Lied „Tom
Ford“ von Jay Z. Brooke erkannte es sofort und nickte im Takt mit. Sie ging
hinüber zur Bar und überreichte dem Barkeeper ihre Wodka-Flasche die sie als
Gastgeschenk mitgebracht hatte. Anschließend bestellte sie einen Gin-Tonic für
sich und einen für Bethany. „Auf
Eis?“ fragte der gutaussehende Barkeeper und versuchte mit seinen kecken
Blicken Brooke anzuflirten. Sie ließ ihn allerdings eiskalt abblitzen.
„Natürlich auf Eis, Idiot!“ Genervt nahm sie die Drinks entgegen und begab sich
auf die Suche nach Bethany die in der Masse verschwunden war. Sie ging die Treppe hinauf, da im
Erdgeschoss keine Spur von ihr war. Sie stellte ihre Drinks auf einer Kommode
ab, die im 1. Stock im Flur zur Dekoration stand. Auf diesem Stockwerk war zwar
weniger los, aber dennoch genug um den Überblick zu verlieren. Viele Paare
zogen sich in eines der unzähligen Schlafzimmer zurück um ungestört ihren
Spielchen nachzugehen. Diese Tatsache war Brooke vollkommen klar, dennoch
ignorierte sie es und stürmte in jedes Zimmer hinein, was nicht abgeschlossen
war. Als sie eine weitere Türe zu einem Schlafzimmer öffnete, sah sie etwas,
was nicht für ihre Augen bestimmt war und womit sie nie gerechnet hätte. Giulia
Franklin lag auf dem Boden während ein halbnackter Typ auf dem Bett lag und
sich weiter auszog. Was Brooke erst auf den zweiten Blick erkannte war, dass
Giulia gerade eine Line zog. Brooke hatte die Tür nur einen Spalt weit
geöffnet, so dass die Insassen gar nicht bemerkten, dass sie mehr oder weniger
auch anwesend war. Ohne lange zu überlegen holte Brooke ihr Iphone heraus und
schoss ein Foto von der Situation. Es war immer gut, Giulia mit irgend etwas in
der Hand zu haben. Doch als sie
das Foto tätigte, bemerkte sie erschrocken, dass sie ihren Ton nicht
ausgeschaltet hatte und es ein Geräusch machte. Erschrocken ließ sie ihr Handy
in ihre Handtasche fallen, knallte die Tür zu und rannte den Gang hinunter. Sie
öffnete eine der Türen und versteckte sich in dem Zimmer. Nachdem sie sich versichert hatte, dass
sonst niemand im Raum war, schloss sie die Türe hinter sich und warf sich
kurzer Hand auf das Himmelbett welches mittig im Raum stand. Sie atmete schnell ein und aus und
realisierte erst gar nicht, was sie gerade getan hatte. Sie hatte ab jetzt
Giulia Franklin in ihrer Hand. Sie
steckte ihren Arm in die Birkin Bag ihrer Schwester und kramte nach ihrem
Smartphone, doch plötzlich bemerkte sie etwas ungewohntes. Ein Umschlag, der
sich in der Innenseite der Tasche in einem kleinen Fach verbarg ragte nur ein
wenig heraus. Brooke war sich nicht mehr sicher, ob dieser Umschlag schon
vorher in der Tasche war. Sie zog ihn behutsam heraus. Er war schon geöffnet,
langsam zog sie das pergamentartige Briefpapier aus dem Umschlag, faltete es
auf und las sich den Text aufmerksam durch, welcher in Tinte mit Hand
geschrieben war.
„Liebe Madison,
Die zahlreichen Nächte
die wir gemeinsam verbracht haben waren jedes mal wieder wie ein
leidenschaftliches Feuer des Lebens für mich. Ich fühle mich immer wie neu
geboren wenn wir uns sehen. Für das nächste Treffen werde ich dir noch einmal
eine genaue Zeit und Adresse zukommen lassen. Meine Frau hat noch nichts
mitbekommen und so soll es auch bleiben.
Ich bin sehr froh dass ich dir auch gelegentlich finanziell zur Hand
gehen kann, immerhin gibst du mir das was ich am meisten brauche und das ist
meine Jugend.
Hier ein kleines
Geschenk für dich, der Name Hérmes sollte dir bekannt vor kommen.
Was sind schon 40.000
$ wenn man dich haben kann.
In Liebe,
Samuel Seymore „
Langsam lies Brooke den Brief zu Boden sinken. Sie wusste nicht was sie davon halten
sollte, dass ihre Schwester sich prostituierte. Sie hatte sich schon des öfteren gefragt, wie sie sich
diesen Upperclass Lebensstandart finanzieren kann, immerhin verdient man als
Store-Managerin keine Millionen.
Noch einmal las sie sich den Namen des Mannes durch. Samuel Seymore.
Woher kam ihr dieser Name so bekannt vor?
Und mit einem Mal fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
Samuel Seymore ist der Ehemann von der Schwester ihrer Mutter. Brooke hatte ganz vergessen dass die
Seymore’s auch in Melvinsburg wohnten.
Der Ekel überkam sie und sie ließ die Tasche ruckartig fallen. Diese
Tasche war nur eine von vielen Belohnungen dafür, dass ihre Schwester Madison
mit ihrem stinkreichen angeheirateten Onkel schlief. Das war alles zu viel für
einen Abend. Brooke packte ihr Zeug zusammen und beschloss sich auf die Suche
nach Bethany zu begeben um anschließend zu verschwinden.
Dies war leichter gesagt als getan, denn Bethany war
nirgendwo aufzufinden. Gestresst polterte Brooke wieder hinunter ins
Erdgeschoss und drängelte sich durch die unglaubliche Masse von Menschen. Am Wohnzimmer angrenzend, war eine
Terrasse mit Garten und
Swimmingpool. Brooke war sich fast
sicher, dass Bethany dort irgendwo sein musste. Mehrmals versuchte sie, sie auf
dem Handy zu erreichen aber wie erwartet ging keiner ran. Auf der Terrasse angekommen, erkannte
sie Bethany auf einer Hollywoodschaukel sitzend mit zwei Kerlen im Arm die sich
mit ihrer Zunge an ihr vergnügten. Gerade wollte sie dorthin stolzieren und
Bethany in ein Taxi schleifen ehe jemand ihren Namen rief. „Wenn das nicht die
gute Brooke Parker ist.“ Es war eine Männerstimme die sie kannte, aber mit
welcher sie hier nie gerechnet hätte. Geschockt drehte sie sich zu der Person
um und erkannte ihren Cousin Frederic Seymore. „Freddie, was, was machst du
denn hier?“ Sichtlich verwirrt fiel Brooke einfach nichts besseres ein um ihren
eigentlich um alles verhassen Cousin anzusprechen. „Das selbe könnte ich dich fragen
Schätzchen. Das hier ist mein Haus, naja um genauer zu sein das meines Vaters.
Mutter ist zurzeit mit ihren Freundinnen auf Entspannungsurlaub in den
Malediven und Vater ist auf Geschäftsreise. So habe ich das ganze Haus für mich
und ich liebe es große Party’s zu geben wie du vielleicht schon bemerkt hast.“
Freddie trug einen schwarzen Smoking mit passender Fliege von Prada, dazu ein
weißes Smokinghemd mit Haifischkragen und verdeckter Knopfleiste. Schwarze
Bottega’s zierten seine Füße und seine Frisur war perfekt nach hinten gestylt.
An der Hand trug er einen Siegelring mit dem Wappen der Familie Seymore.
„Geschäftsreise, soso.“ Jetzt wurde Brooke alles klar. Deswegen war Madison die
ganze Zeit nicht Zuhause, sie traf sich mit ihrem Verehrer der gleichzeitig ihr
Onkel war! „Dann ist es wirklich wahr, Brooke Parker ist von Zuhause
ausgerissen und hat sich in Melvinsburg eingeniestet. Glaub mir Schätzchen, das
Kleinstadtleben ist um einiges härter als auf der Upper East Side. Hier
bekommst du nicht alles in den Arsch geschoben.“ Genau jetzt fiel Brooke auch
wieder ein, warum sie ihn nicht leiden konnte. Und der Aspekt warum sie das
Haus nicht erkannt hatte war, dass sie hier noch nie zu Besuch war, seit die
Seymores in Melvinsburg wohnten. Brooke stapfte hinüber zu Bethany, packte
diese am Arm und zog sie mit sich. Mehr als ein Stöhnen gab diese auch nicht
mehr von sich. „Hat mich sehr gefreut Freddie, aber ich sollte gehen meiner
Freundin geht es nicht so gut. Vielleicht sieht man sich in der Schule.“ Frederic warf ihr einen entsetzten aber
gleichzeitig belustigten Blick zu. „Ist das dein ernst Cousinchen? Sehe ich so
aus als würde ich auf eine öffentliche High School gehen? Ich bekomme
Privatunterricht.“ Er zupfte seine Fliege zurecht und sah stolz und sehr
eingebildet zu den Damen hinüber. „Na dann sehen wir uns dort eher nicht.“
Entgegnete Brooke trocken, und taumelte mit Bethany im Arm in Richtung Taxi,
welches Gott sei Dank schon vor der Türe stand. Ihr einziger klarer Gedanke,
den Brooke nach dem heutigen Tag noch verfassen konnte war, dass Bethany
hoffentlich nicht in das Taxi
brechen würde.